>> Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk << Informationsschutz für ArbeitnehmerInnen durch Neufassung des § 612a BGB kann nachteilfreies Beschwerdemanagement in den Pflegesystemen gewährleisten Es gibt seit Jahren vielseitige Bemühungen, die Qualität in den Pflegesystemen zu verbessern und die MitarbeiterInnen in entsprechenden Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser, ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen) zu motivieren, im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Beschwerden bezüglich festgestellter Mängel und Fehler im Betrieb, bei den zuständigen Behörden und auch in der Öffentlichkeit vorzutragen. Sie werden sogar von verschiedenen Seiten dazu ausdrücklich ermuntert, zu mehr Courage aufgefordert. Es wird in diesem Zusammenhang sogar behauptet, Pflegekräfte, die sich nicht deutlich zu Wort melden, hätten Mitschuld an den systemischen Unzulänglichkeiten. Es ist aber bei Kennern der Szene bekannt, dass MitarbeiterInnen, die sich selbstbewusst zu Mängel, Fehlentwicklungen usw. äußern, schnell Nachteile erfahren. Dabei sind (fristlose) Kündigungen keine Seltenheit. Die dann in Anspruch genommenen Gerichte haben überwiegend zum Nachteil der MitarbeiterInnen entschieden. Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist der Meinung, dass eine Neufassung
des § 612a BGB eine gute Möglichkeit bieten würde, die MitarbeiterInnen in der Pflege zu ermuntern, sich zeitgerecht und ohne (wesentliche)
Nachteile befürchten zu müssen, zur Qualitätsverbesserung mit geeigneten Hinweisen / Vorschlägen einzubringen.
Eine solche Neufassung lässt sich wie folgt begründen: Die seit Jahren beklagten Pflegemängel werden weder durch das 2008 reformierte SGB XI (mit den neuen Transparenzvereinbarungen und Bewertungssystemen –„Schulnoten“ für Pflegeeinrichtungen) und die neuen Länder-Heimgesetze (z.B. mit regelmäßigen unangemeldeten Heimprüfungen) noch durch das WBVG entscheidend vermindert werden können. Daher müssen die MitarbeiterInnen der Pflegeeinrichtungen in die Verbesserung der Pflegesituationen verstärkt eingebunden werden. Beschwerden über organisatorische und personelle Unzulänglichkeiten in den Pflegeeinrichtungen müssen dadurch angeregt bzw. ermöglicht werden, indem die Mitteilungen über solche Zustände durch eine gesetzliche Vorschrift für die MitarbeiterInnen „nachteilsfrei“ gestellt werden (ähnlich dem § 17 Arbeitsschutzgesetz). Es macht wenig Sinn, von den Pflegekräften stets und ständig engagiertes bzw. couragiertes Verhalten im Betrieb abzuverlangen, sie dann aber anschließend im Stich zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass man den Pflegekräften Schutz zu bieten hat. Insoweit scheint der neugefasste § 612a BGB (oder eine entsprechende Vorschrift im WBVG) sehr hilfreich. Dabei wird natürlich nicht verkannt, dass auch eine solche Vorschrift nicht in allen Fällen verhindern kann, dass es gleichwohl Sanktionen gegen unliebsame ArbeitnehmerInnen geben wird. Aber die vorgeschlagene Neuregelung könnte dazu beitragen, eine neue Kultur des Hinschauens zu entwickeln. Auch die Hauptversammlung des Marburger Bundes hat den Deutschen Bundestag anlässlich seiner Hauptversammlung am 07.11.2009 aufgefordert, für mehr Informationsfreiheit einzutreten, damit endlich der Schutz von Fehlermeldern (Whistleblowers) für das Gesundheitswesen gesetzlich festgeschrieben wird. Dies sei auch Voraussetzung dafür, dass die Idee des Critical Incident Reporting Systems (CIRS), also der Mitteilung von Beinahe-Schadensfällen, nachhaltig Fuß fassen kann. In einer Mitteilung des Marburger Bundes vom 07.11.2009 heißt es dazu: „Die Beschäftigten im Gesundheitswesen dürfen keine arbeitsrechtlichen Folgen befürchten müssen, wenn sie Gefahren und Rechtsverstöße in ihrem Arbeitsbereich melden. Eine Novellierung des § 612a BGB zum Informationsschutz für Beschäftigte mit der Aufnahme eines Anzeigerechtes ist erforderlich.“ >> Pro Pflege – Selbsthilfenetztwerk ist am 04.04.2010 an die Bundesregierung herangetreten mit dem Antrag, mit Blick auf die vorgeschlagene Neuregelung des § 612a BGB eine Gesetzesinitiative zu beschließen und auf den parlamentarischen Weg zu geben. Werner Schell ______________________________________________________________________ Die vorstehende Pressemitteilung ist zur Veröffentlichung frei |