»Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk«
Pressemitteilung vom 29.10.2008
Statement von "Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk" zum geplanten Heimrecht in Nordrhein-Westfalen:
"Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen" verbindlich machen!
Der Gesetzentwurf der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (NRW) zum geplanten Heimrecht mit der Bezeichnung „Wohn- und Teilhabegesetz Nordrhein-Westfalen“ enthält lediglich in § 1 Abs. 2 einige allgemeine Ausführungen, die in verkürzter Form einen Bezug zu den Chartagrundsätzen herstellen. Diese Ausführungen, unter „Zweck des Gesetzes“, sozusagen als eine Vorbemerkung versteckt, können keine Rechtswirkungen nach sich ziehen. Dies ergibt sich aus dem Charakter einer solchen allgemeinen Zweckbeschreibung und zum anderen daraus, dass hier eine „Soll“-Regelung ausformuliert wurde. „Die Betreuungseinrichtungen sollen …“ ist lediglich eine Aufmunterung und löst keine konkreten Verpflichtungen aus. Damit sind für die HeimbewohnerInnen keine subjektiv-öffentlichen Rechte geschaffen, die allein die Möglichkeiten bieten könnten, die zur Durchsetzung der Menschenwürdegarantie erforderlichen Klarstellungen herbeizuführen. Auch im weiteren Gesetzestext ist keine Vorschrift zu finden, die auch nur annähernd geeignet wäre, den Grundsätzen der o.a. Charta irgendeine durchsetzbare Verbindlichkeit zu verleihen. So könnte man sich zum Beispiel auch vorstellen, in § 5 des Gesetzes vorzugeben, dass die Grundsätze der Charta zu den Pflichten der Betreiber von Betreuungseinrichtungen gehören und folglich in den Heimvertrag einzubinden sind
Da auch solche Hinweise fehlen, ist wohl die Aussage begründet, dass auch nach Verabschiedung des jetzt vorliegenden Gesetzestextes in NRW die „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ nichts anderes als ein Papiertiger bleibt.
In der Gesetzesbegründung der Landesregierung zu § 1 Abs. 2 wird ausdrücklich hervorgehoben, dass mit dem Katalog des Absatzes 2 keine subjektiv-öffentlichen Rechte begründet werden. Man hat also regierungsamtlich das Problem anerkannt! Dann wird aber wahrheitswidrig behauptet, dass den Betreibern in Wahrnehmung des staatlichen Fürsorgeauftrages die Beachtung der Charta durch dieses Gesetz auferlegt werde. Damit sei der Staat seinem Schutzauftrag nachgekommen. – Genau dies ist aber nicht der Fall. § 1 Abs. 2 ist ausdrücklich als „Sollvorschrift“ konzipiert und verleiht, so die Regierung selbst, keinerlei Ansprüche.
Damit verbleiben alle die menschenwürdige Pflege betreffenden Grundsätze im Unverbindlichen und sind weiterhin der freien Interpretation aller Beteiligten zugänglich. Wenn man sich die unzulänglichen Pflege-Rahmenbedingungen (unzureichender Pflegebegriff, ungenügende Personalausstattungen der Pflegeeinrichtungen, Finanzierungsprobleme usw.) vor Augen führt, wird auch das nordrhein-westfälische Heimrecht mit dem jetzt vorliegenden Text keinen Schritt nach vorne tun, wenn es um die Durchsetzung der Menschenwürdegarantie bei der Betreuung von pflegebedürftigen Menschen geht. Wenn es bei der jetzigen unzulänglichen Regelung bleibt, wäre eine große Chance, auch zur Minimierung der immer wieder beschriebenen Pflegemängel (vgl. u.a. MDS-Berichte aus 2005 und 2007), vertan!
Der Landtag von NRW wurde am 26.10.2008 angeschrieben und gebeten, die notwendigen Korrekten im vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung vorzunehmen. - Unterstützung erwünscht!
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht -
Harffer Straße 59, 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Lobby für menschenwürdige Pflege!
Hier geht`s zur → „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“
mit weiteren Informationen: http://www.pflege-charta.de
Der vorstehende Text ist zur Veröffentlichung freigegeben!