»Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk«
Pressemitteilung vom 24.09.2008
>> Bei der stationären Versorgung der Patienten können wegen fehlender Pflegekräfte
gefährliche Pflegesituationen kaum noch vermieden werden.
>> Die Personalbesetzung im Krankenhaus-Pflegedienst muss daher deutlich verbessert werden – im Interesse der Pflegenden und der Patienten!
Seit Mitte der 90er Jahre hat es einen Abbau von Pflege-Personalstellen in den Krankenhäusern gegeben, der inzwischen zu riskanter Krankenpflege und damit zu Patientengefährdungen geführt hat. Nach einer im Sommer 2007 vorgelegten Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (an der Katholischen Fachhochschule in Köln) sind in der zurückliegenden Zeit mindestens 50.000 Pflege-Personalstellen abgebaut worden. Dies, obwohl die Arbeitsverdichtungen in der Pflege aufgrund von Umstrukturierungen (Steigerung der zu versorgenden Patienten um 23%, Einführung der Fallpauschalen-Abrechnung, verkürzte Verweildauer der Patienten mit erhöhtem individuellen Pflege- und Betreuungsbedarf usw.) erheblich zugenommen haben. Der Stellenabbau erfolgte, obwohl anhand der gegebenen Pflegenotwendigkeiten eine Stellenaufstockung eher angezeigt gewesen wäre. Bedauerlicherweise hat man nur den ärztlichen Dienst verstärkt und dabei die pflegerischen Anforderungen völlig außer Acht gelassen.
Es ist daher zu begrüßen, dass das Bundesgesundheitsministerium bzw. die Bundesregierung ein Förderprogramm aufgelegt hat, mit dem in den nächsten drei Jahren in den bundesdeutschen Krankenhäusern insgesamt 21.000 neue Stellen für Pflegekräfte finanziert werden sollen. Bei der näheren Ausgestaltung dieses Programms sollte aber sichergestellt werden, dass die Finanzierung dieser Stellen ohne Eigenanteilfinanzierung der Krankenhäuser auch dauerhaft gesichert werden kann und nicht nach einer gewissen Zeit wieder mit einer Stellenumverteilung begonnen werden muss. Pflege-Personalstellen dürfen nicht wieder als bloße Kostenfaktoren betrachtet und nach Belieben anderen Bedürfnissen untergeordnet werden!
Es ist aber im Übrigen so, dass mit der Schaffung von 21.000 neuen Pflege-Personalstellen der zu beklagende Pflegenotstand nur gemildert, aber nicht beseitigt werden kann. Daher muss die Forderung erhoben werden, in absehbarer Zeit eine weitergehendere Verbesserung der Pflegesituation in den Krankenhäusern zu gewährleisten. Neben den jetzt geplanten 21.000 Pflege-Personalstellen erscheinen zusätzlich mindestens 30.000 Stellen erforderlich. Nur so kann ein Zustand hergestellt werden, der eine allseits befriedigende Krankenhauspflege auf Dauer sicherstellen kann. Zu bedenken sind dabei die aufgrund des demografischen Faktors wachsenden Anforderungen an die stationäre Versorgung der Menschen.
Im Zusammenhang mit einer umfassenden Aufstockung des Pflege-Personalbestandes in den Krankenhäusern wird auch die Forderung nach der Schaffung eines einheitlichen Personalbemessungssystems erhoben. Insoweit kann die vor einigen Jahren außer Kraft gesetzte Pflege-Personal-Regelung (PPR) als Muster genutzt werden. Die PPR war offensichtlich eine gute Planungsgrundlage, die lediglich den aktuellen Entwicklungen angepasst werden müsste. Auf der Basis solcher Planungsgrundlagen können langfristig verlässliche Daten für die Personalentwicklung ermittelt werden.
Soweit die Krankenkassen der Meinung sind, es seien überhaupt keine zusätzlichen Pflege-Personalstellen in den Krankenhäusern notwendig - es habe eine Verlagerung der Pflege von den Krankenhäusern in die ambulante Versorgung gegeben - muss dem deutlich widersprochen werden. Tatsächlich gibt es in der ambulanten Pflege mehr Personal. Dies ist aber einzig allein auf die Anforderungen zurückzuführen, die sich aus dem Pflegeversicherungsrecht bzw. der Zunahme der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen ergeben. Diese Personen werden überwiegend in familiären Strukturen gepflegt. Diese Strukturen sind aber mit ihren pflegerischen Angeboten kein Ersatz für die Krankenhauspflege, sondern ergänzen diese.
>> Der wichtigste Faktor in der Pflege sind die Pflegenden, denn Menschen können nur von Menschen gepflegt werden. Wir brauchen daher keinen Stellenabbau, sondern eine Beschäftigungsoffensive in allen Bereichen der Pflege!
Werner Schell, Dozent für Pflegerecht
Der vorstehende Text ist zur Veröffentlichung freigegeben!