>> Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk << An den Nachrichtlich An die An das An das An die An den Herrn Willi Zylajew, MdB Frau Annette Widmann-Mauz, MdB An den An den An die An die An die An die
Stiftung Warentest An die An den Betr.: Verfahren zur Vergabe von „Schulnoten“ an ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen nach § 115 Abs. 1a SGB XI Bezug: Bewertungskriterien für die Qualitätsberichterstattung Sehr geehrte Damen und Herren, es ist grundsätzlich gut und richtig, die von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zu veröffentlichen. Damit soll die Qualität der ambulanten und stationären Pflege ab 2009 transparent gemacht werden. Die vorgelegten Vereinbarungen mit den verschiedenen Bewertungskriterien erscheinen aber nur unvollkommen geeignet, dem gesetzgeberischen Auftrag gerecht zu werden. Es ist daher nach Meinung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk eine Überarbeitung der Vereinbarungen und eine veränderte Gewichtung verschiedener Bewertungskriterien dringend geboten. Dabei ist eine weitere Beteiligung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk entsprechend den Vorgaben in § 115 Abs. 1a SGB XI zwingend. Dort ist ausdrücklich eine Beteiligung der einschlägigen Institutionen der (Pflege)Selbsthilfe angesprochen. Bisher hat es eine solche Beteiligung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk nicht gegeben. Daher war auch eine Einwirkung auf die Gestaltung der Bewertungskriterien nicht möglich. Dies ist umso bedauerlicher, als offensichtlich eine rege Beteiligung derjenigen
Organisationen erfolgt ist, die die zu bewertenden Pflegeinrichtungen (als Lobby) vertreten. Diese Organisationen haben ihre Beteiligung anscheinend dazu
genutzt, eine Handhabung von Bewertungskriterien zu beeinflussen, die letztlich hilfreiche Aussagen über die Qualität von Pflegeeinrichtungen kaum zulässt
oder verwässert. Dieser allzu große Einfluss der Träger-Interessenverbände hat denn auch dazu geführt, dass die Einrichtungsseite mit den vorgelegten
Bewertungskriterien weitgehend zufrieden ist. Hat man hier nicht „den Bock zum Gärtner gemacht“? Diesbezüglich wurde auch beim Pflegetreff
am 17.02.2009 in Neuss-Erfttal diskutiert. Dazu wird auf die Pressemitteilung
von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vom 22.02.2009 Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk beantragt ausdrücklich eine solche Überarbeitung und bittet um weitere Veranlassung bzw. Beteiligung Zu den Mängeln im Bewertungssystem wird zunächst allgemein bemerkt: Die Verbraucherzentrale – Bundesverband – hat in einer Stellungnahme vom 02.12.2008 kritische Anmerkungen zum Bewertungssystem vorgelegt. Dabei wird u.a. bemängelt, dass der größte Teil der Bewertung auf den Ergebnissen der Prüfung des MDK beruht und die Gleichwertigkeit aller 64 Kriterien für die Bereiche 1 – 4 bezweifelt wird. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: „Der Gesetzgeber hat zudem die Anforderung gestellt, in erster Linie die Ergebnis- und Lebensqualität abzubilden. Eine Unterscheidung zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität wird aber bei den einzelnen Kriterien und deren Wertigkeit nicht vorgenommen, vielmehr lässt sich durch eine gute Struktur- und Prozessqualität eine schlechte Ergebnisqualität ausgleichen. Relevante Kriterien für Aussagen zur Ergebnisqualität enthält nur der Qualitätsbereich 1“. Die Verbraucherzentrale – Bundesverband – verlangt eine grundlegende Überarbeitung der Bewertungsgrundsätze. - Siehe auch die Texte im Forum Werner Schell Von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk gab es bereits am 18.11.2008 eine offensichtlich unbeachtet gebliebene Stellungnahme, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde: Es kann grundsätzlich als hilfreich angesehen werden, dass pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen in Form von Noten über die Qualitätseinschätzungen bei stationären Pflegeeinrichtungen informiert werden. Dies wird es aber nicht entbehrlich machen, anhand eigener Wünsche und konkreter Vorstellungen über die zukünftige Pflege, Betreuung und sonstige Versorgung weitergehende Erkundigungen einzuziehen, um so eine möglichst umfassende Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Ein Mangel des Bewertungssystems ist auf jeden Fall darin zu sehen, dass die Bekanntmachung und Durchsetzung der „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ nicht ausdrücklich zum Gegenstand der Bewertung erhoben worden ist. Die Chartagrundsätze sind es doch, die in eindeutiger Weise unsere grundgesetzliche Werteordnung bezüglich Menschenwürde und Selbstbestimmung differenziert beschreiben. Eine Qualitätsprüfung muss daher eine solche Dokumentation mit den vielfältigen Rechtebeschreibungen gebührend berücksichtigen. Zwingend notwendig erscheint auch, im Rahmen der Qualitätsprüfung zu bewerten, wie das gesetzlich vorgegebene Beschwerdemanagement einer Einrichtung tatsächlich funktioniert. Insbesondere muss in geeigneter Weise abgeklärt werden, ob und in welcher Art und Weise pflegebedürftige Menschen, ihre Angehörigen, aber auch die MitarbeiterInnen der Einrichtungen mit Anregungen und Beschwerden auf bestimmte (Mangel)Situationen reagieren können. Bezüglich der MitarbeiterInnen sollte seitens der jeweiligen Einrichtung verdeutlicht werden können, dass betriebsinterne Hinweise und Beschwerden keinerlei arbeitsrechtliche Nachteile, wie z.B. Abmahnung oder gar Kündigung, nach sich ziehen. Nur dann, wenn Betroffenen und MitarbeiterInnen solche nachteilsfreie Hinweis- und Beschwerdemöglichkeiten ermöglicht werden, sind zielgerichtet weitere Qualitätsverbesserungen zu erwarten. Der Geschäftsführer des MDK Rheinland-Pfalz, Gundo Zieres, kritisierte die Systematik, nach der die Qualität der Leistungen von stationären Pflegeeinrichtungen künftig veröffentlicht werden soll, bei Report Mainz am 09.02.2009. „Nach meiner Auffassung wird es zukünftig in Deutschland zumindest auf dem Papier keine mangelhaften Einrichtungen mehr geben“, sagte der MDK Chef im Interview mit dem Sender. Zieres ist sicher, dass sich schlechte Einrichtungen gute Noten zurechtbiegen können. So könne zum Beispiel ein nicht sachgerechter Umgang mit Medikamenten durch regelmäßige Mitarbeiterschulungen in erster Hilfe und Notfallmaßnahmen ausgeglichen und für die Gesamtnote neutralisiert werden. Genau so bestehe die Möglichkeit, einen nicht angemessenen Ernährungszustand von Bewohnern durch schriftliche Verfahrensanweisungen „zu erster Hilfe und Verhalten in Notfällen“ schön zu rechnen. Diesen Zusammenhang hält Zieres für skandalös. Laut Zieres ist die Einführung von sogenannten „K.-o.-Kriterien“, zum Beispiel bei Verstößen gegen angemessene Demenz-, Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung erforderlich. „Wenn alle oder ein Teil dieser Kriterien mit mangelhaft bewertet sind, muss die Einrichtung insgesamt als mangelhaft gelten“, so Zieres. Kritik an der Systematik kommt auch von Heimvertretern, wie dem Geschäftsführer der Sozialholding Mönchengladbach, Helmut Wallrafen-Dreisow. So hätten sich bei der Festlegung der jetzt abgefragten Kriterien die Interessen der Heimträger im Wesentlichen durchgesetzt: „Für mich wird deutlich, dass da nicht in ausreichendem Maße auch die Verbraucher beteiligt worden sind.“ Gerd Peter, Geschäftsführer der Pflegeeinrichtung „Münchenstift“, glaubt, dass heimplatzsuchende Menschen mit den geplanten Transparenzregelungen wenig anfangen können: „Weil ich mich schon schwer tue, das zu verstehen. Also ohne fachliche Hilfe komme ich da gar nicht durch.“ Das Bewertungssystem für die ambulanten Pflegeeinrichtungen erscheint ebenfalls nicht frei von Mängeln und wird folglich einer grundlegenden Überarbeitung bedürfen. Die hinsichtlich der stationären Einrichtungen bereits erwähnten Kritikpunkte können insoweit entsprechend gelten. Mit freundlichen Grüßen Werner Schell |